- Entwicklung als globaler Prozess
Wir, als Politische Freiwilligenvertretung der Nord-Süd-Freiwilligen, sind davon überzeugt, dass die Begriffe „Entwicklung“ und „Entwicklungspolitik“ keine neutralen Termini sind.
Die Idee einer vorbestimmten Entwicklung, die es politisch durchzusetzen gilt, hat ihren Ursprung in der Kolonialpolitik Europas und wird bis heute durch die Dominanz des Globalen Nordens geprägt. Bei „Entwicklung“ handelt es sich für uns um einen multidimensionalen Begriff, der keinen unilinearen Entfaltungsprozess determinieren darf, sondern die vielfältigen Wege und deren Ausgestaltung offenlassen muss. Dies hat zur Konsequenz, dass Entwicklungspolitik durch Partizipation der Ausgestaltung aller Beteiligten bestimmt und ausgeführt werden sollte.
Entwicklung war und ist ein globaler Prozess von gegenseitigen Abhängigkeiten und muss aus diesem Grund auch Teil des Globalen Nordens sein. Neudefinition des Entwicklungsbegriffes und ein Umdenken in den Entscheidungsprozessen der Entwicklungspolitik sehen wir daher als notwendig an. Die Entwicklungsideale des Globalen Nordens dürfen nicht als Fortschrittsschablone auf den Globalen Süden übertragen werden. Vielmehr muss der Globale Norden akzeptieren, auch Objekt der globalen Entwicklungspolitik zu sein. Hierbei geht es uns nicht ausschließlich um ökologische, sondern auch um soziale und kulturelle Aspekte.
Die, von den Vereinten Nationen festgelegten Sustainable Development Goals (SDGs) spiegeln diesen expliziten, globalen Fokus wieder. Dementsprechend sollte sich das entwicklungspolitische Profil von weltwärts an diesen ausrichten. Wichtig dabei ist, dass die Gesamtheit der SDGs und nicht einzelne Faktoren zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen. [1]
- Was beutet das für das weltwärts Programm
Engagement und politische Einflussnahme als wichtigstes Ziel entwicklungspolitischer Freiwilligendienste
Dadurch, dass ein aktuelles Verständnis von Entwicklungspolitik immer die Länder des Globalen Nordens miteinbezieht, kommt der Fragestellung wie diese Veränderung im Globalen Norden erfolgen kann und wie Akteure des weltwärts-Programms dazu beitragen können, eine besondere Rolle zu. Auch wenn entwicklungspolitische Freiwilligendienste weitere positive Aspekte und Ziele haben können, sind aus ihm heraus entstehendes Engagement und Teilnahme an politischen Veränderungsprozessen der Freiwilligen eines der wichtigsten Qualitätskriterien. Neben einer sinnvollen an den Sustainable Development Goals orientierten Auswahl von Einsatzstellen dient hierfür insbesondere die pädagogische Begleitung von Freiwilligen. Eine breite Trägerlandschaft bietet hier das Potential viele unterschiedliche Weltanschauungen und Themenfokussierungen abzubilden. Die kritische Auseinandersetzung mit entwicklungspolitischen Themen und eine Handlungsbefähigung der zurückgekehrten Freiwilligen im Sinne der SDGs ist hierbei allerdings ein notwendiges Kriterium. Um diese hochwertige pädagogische Begleitung auch über den Freiwilligendienst hinaus gewährleisten zu können, braucht es Fördermöglichkeiten, die sowohl von Entsendeorganisationen als auch von formell und informell organisierten Gruppen zurückgekehrter Freiwilliger genutzt werden können.
Echte Partnerbeteiligung für globale Netzwerke
Partnerbeteiligung ist eine tragende und auszubauende Komponente um weltwärts im Sinne des oben beschriebenen Verständnisses von Entwicklung durchzuführen. Die Partnerbeteiligung darf dabei nicht durch Akteur*innen des Globalen Nordens dominiert werden und muss Raum und Mittel für eine vollständige Partizipation und Selbstorganisation der Partner*innen bieten. Diese darf nicht durch die Entschuldigung des Mehraufwands behindert bzw. eingeschränkt werden.
Besonderer Fokus auf ökologische Themen
Ökologie bildet im Sinne der SDGs die Rahmenbedingung für eine nachhaltige Gesellschaft. Ein ökologisches Bewusstsein muss innerhalb des weltwärts Programmes auf den verschiedenen Stufen von den Akteuren mitgedacht werden. Durch die pädagogische Begleitung der Freiwilligen sollte eine Bewusstseinsbildung bezüglich des eigenen Konsums und dessen Folgen stattfinden. Hierbei sollten die aktiv und passiv verursachten ökologischen Kosten eines Freiwilligendienstes transparent gemacht werden. Außerdem spielen die globalen Zusammenhänge der ökologischen Konsequenzen im entwicklungspolitische Sinne eine entscheidende Rolle
Wir halten die Umsetzung der oben genannten Forderungen für wichtig um das Profil weltwärts gegenüber anderen Freiwilligendienstprogrammen abzugrenzen und gegenüber Steuerzahler*innen zu rechtfertigen, dass weltwärts einen bedeutenden Beitrag zur Umsetzung der SDGs leistet.
[1] Dies bedeutet keine uneingeschränkte, unkritische Übernahme aller SDGs sondern setzt nach wie vor eine kritische Auseinandersetzung mit diesen voraus. Vielmehr wollen wir ihre allgemeine entwicklungspolitische Bedeutung für weltwärts betonen.