Als Freiwilligenvertretung möchten wir uns zunächst bei allen im Programm beteiligten Akteuren für ihre unermüdliche Arbeit während den vergangenen zwei Monaten bedanken. Viele Träger haben tolle Arbeit geleistet und einem Großteil der Freiwilligen die notwenige Unterstützung zukommen lassen. Insbesondere aber auch von staatlicher Seite aus, konnte mit einer unbürokratischen befristeten Weiterführung der Finanzierung erste Sicherheiten geschaffen werden.
Während vor allem Deutschland erste Lockerungen, aufgrund eines Zurückgehens der Infektionszahlen erlässt, verschlechtert sich die Gesundheitssituation in Ländern des Globalen Südens dramatisch. Insofern müssen alle zum jetzigen Zeitpunkt getroffenen Entscheidungen, sich einer stetig notwendigen Neubewertung der Lage anpassen. Dies gilt ebenso für unser Positionspapier, welches bereits in kürzester Zeit durch die zunehmend dynamische globale Entwicklung überholt sein könnte.
Nun gilt es aber sich für die kommenden Monate Pläne zu entwickeln, die für alle beteiligten Akteure tragbar sind und als Gemeinschaftswerk umgesetzt werden können. Wir möchten dabei zwei Optionen gedanklich weiterspinnen. Primär würden wir die Idee eines Aussetzens des weltwärts-Programms für das Jahr 2020/21 befürworten. Falls der Dienst jedoch in einer abgewandelten Form fortgesetzt werden soll, möchten wir Forderungen für dessen Durchführung vorbringen. Sie sind für uns unerlässlich, um einen sicheren und qualitativ hochwertigen Freiwilligendienst zu gewährleisten.
Aussetzen des Entsendejahrs 2020/21 und Planung eines Neustarts 2021
Zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht abzusehen, wie sich die internationale Lage im Spätsommer dieses Jahrs, der übliche Zeitpunkt der meisten Nord-Süd Entsendungen, gestaltet. Der weltwärts Freiwilligendienst zeichnet sich insbesondere durch die zwischenmenschlichen und kulturellen Begegnungen in den Gastländern aus. Bei weiterhin bestehenden Kontakt- oder Ausgangsbeschränkungen kann sich so ein essentieller Bestandteil des Programms nicht entfalten.
Um für alle Beteiligten ein Mindestmaß an Planungssicherheit zu gewährleisten, sprechen wir uns daher für ein Aussetzen der Entsendung im Jahr 2020/2021 aus. Die entstehende Unsicherheit könnte zu einem noch stärker ausfallenden Rückgang an Bewerbungen führen. Um sich diesem entgegenzustellen, muss das weltwärts-Programm die einmalige Chance ergreifen sein Alleinstellungsmerkmal und Profil weiter zu schärfen. Das bedeutet, die Vorzüge und qualitativen Unterschiede gegenüber Voluntourismus-Programmen stärker hervorzuheben, um den Bewerber*innen-Pool so langfristig zu erweitern. Den potenziellen Freiwilligen jetzt eine klare Ansage mitzugeben und sie nicht auf heißen Kohlen sitzen zu lassen, schafft Stabilität sowie Vertrauen und gibt ihnen die Möglichkeit langfristig zu planen und eigenmächtig Entscheidungen zu treffen.
Ein vermehrtes Angebot von halbjährigen Freiwilligendiensten ab dem Frühjahr 2021 könnte eine gute Überbrückung bis zur offiziellen Entsendung im Spätsommer darstellen. Bis zu diesem Zeitpunkt sehen wir weiterhin die Krisenbetreuung der zurückgekehrten Freiwilligen als eine zentrale und ressourcenbindende Aufgabe auf Seiten der Träger sowie der ehemaligen Freiwilligen. Hier muss mit einem erhöhten Mehraufwand in Form von finanzierter Rückkehrarbeit, im Vergleich zu einem gewöhnlichen Jahrgang, gerechnet werden. Gleichzeitig haben die Träger Zeit sich sorgfältig auf eine Entsendung, unter wahrscheinlich weiterhin erschwerten Bedingungen vorzubereiten, und so die Qualität des Programms sicherzustellen und auszubauen.
Als weiteren zentralen Bestandteil für einen gelungen Freiwilligendienst 2021 sehen wir die Herausforderung, die gute Kommunikation zwischen den Entsende- und Partnerorganisationen beizubehalten und gegebenenfalls auszubauen. Dem von langer Hand geplanten und im Gemeinschaftswerk allseits anerkannten und unterstützten Ziel einer stärkeren Ausgewogenheit zwischen den Programmkomponenten Nord-Süd und Süd-Nord könnte jetzt nachgegangen werden. Dies gestaltet sich durch die allgemeine Weiterentwicklung des Programms, welche sich insbesondere in einer stärkeren Angleichung der Anzahl der Entsendungen wiederspiegelt.
Bedingungen für Ausreise 2020
Qualität bedeutet für uns klare, planungssichere Aussagen mit eindeutigen Entscheidungen. Auch bei einer teilweisen Ausreise im Jahr 2020 müssen die einzigartigen Standards des weltwärts-Programms beibehalten werden. Eingeschlossen, die hohen Anforderungen, welche das Programm an seine Freiwilligen stellt sowie die anspruchsvolle und zeitintensive Vorbereitung. Dass Krisen sich selektiv auf soziale Schichten nachteilig auswirken, darf nicht auf die Auswahl von Freiwilligen Einfluss nehmen. Vor allem die benötigten Voraussetzungen zur Teilnahme sollten dies berücksichtigen. Gleichzeitig müssen alle notwendigen Vorkehrungen getroffen werden, um die Gesundheit der Freiwilligen zu gewährleisten und eine zusätzlich Belastung der bereits unter Stress stehenden Gesundheitssystem in den Ländern des globalen Süden durch privilegierte Freiwillige zu verhindern.
Unsere Ideen und Vorschläge, dem sind wir uns bewusst, sind aus einer äußerst privilegierten Position heraus formuliert. Wir als Freiwilligenvertretung, stehen in keinem finanziellen Abhängigkeitsverhältnis zum Programm. Die durch sinkende Freiwilligenzahlen oder die einmalige Aussetzung des Programms einhergehenden existenziellen Sorgen für Angestellte und das Auseinanderbrechen von Vereinsstrukturen tangieren nicht direkt unsere Arbeit. Nichtsdestotrotz fordern wir die Koordinierungsstelle weltwärts auf, die Sorgen und Nöte der Träger zu berücksichtigen und sich die Folgen des Abbaus einer aktiven Trägerlandschaft vor Augen zu führen, die zwingend verhindert werden muss. Daher möchten wir uns aktiv am Entscheidungs- und Gestaltungsprozess im Gemeinschaftswerk beteiligen.